Lucia Coray

Seit Beginn der 1980er-Jahre baut Lucia Coray ruhig und bedacht an einem Werk, das in der Summe eine Erforschung des malerischen Tuns ist. Kunst als physischer Akt und als mentale Aktivität, als internes Ereignis und zugleich als Metapher für die Gesetzmässigkeit der condition humaine. Seit ihren  Anfängen hat Lucia Coray mit dem Gesicht in ziselierter Feinarbeit Blatt um Blatt wie ein Raster überzogen. Zunehmend aber ist das Motiv durch die exzessive Inanspruchnahme und das rituelle Wiederholen aufgelöst worden. Wie bei Gertrud Steins «A rose is a rose is a rose» der ursprüngliche Symbolcharakter der Rose obsolet wurde, so verliert auch bei Coray das Gesicht durch das endlose Zitat seinen Charakter und damit das, was jeden Menschen vom andern unterscheidet. Zurück bleibt ein Substrat, das formal an ein Gesicht erinnert, zerlegt auf ein paar Striche oder als Dreieck, reduziert auf diesen Primärcode und damit auf die erste menschliche Form, die wir schon als Kind lesen. So wenig das bei Coray zum Zeichen gefrorene Gesicht den Betrachter zu einem Dialog einlädt, so wenig liefert ein bestimmter Bildtitel den Schlüssel zu einem Sinn. Das «ohne Titel» jeder Arbeit lässt jegliche Leseart zu. Erstmals liest sich diese Aneinaderreihung von rudimentären Zeichen für den Betrachter wie ein minimalistisches Netz, wobei das einzelne Zeichen als Farbspur und als künstlerisches Ausdrucksmittel unser ästhetisches Empfinden anspricht. Für die Künstlerin hingegen generieren diese Ketten von Gesichtern etwas Bedeutsames, weil sie im Prozess der Herstellung dieser Zeichen ihre Gedanken und Gefühle einwebt, vergleichbar mit dem setzen von Buchstaben, die erst in einer bestimmten Abfolge einen Sprachsinn ergeben. Für die Künstlerin selbst sind ihre Arbeiten «lesbar» sowohl vor- als auch rückwärts. In Ihnen liest sie, was sie schon erreicht hat. Jede Arbeit führt sie zur nächsten hin, vergleichbar mit den einzelnen Kapitel in einem Buch, die zusammen den narrativen Sinn ergeben. Entsprechend ist Zeichnen oder Malen für sie ein investigatives Instrument, mit dem sie die methodischen und ästhetisch Felder, aber auch ihre eigenen Inhalte aufbietet, und insofern sind diese Zeichen, die Coray setzt, Notizen für und über sich selbst. Aber im Unterschied zum geschriebenen Wort hat sie diese physikalisch erschlossen.

Text: Marianne Karabelnik

 
 
 

Ausbildung

1977 – 80 F+F Schule für Kunst und Mediendesign, Zürich

Einzelausstellungen 

2017 Art Forum Ute Barth, Zürich
2015 Art Forum Ute Barth, Zürich
2013 Art Forum Ute Barth, Zürich
2009 Art Forum Ute Barth, Zürich
2007 Galerie Graf & Schelble Basel
2006 Galerie Werner Bommer, Zürich
2004 Galerie Graf & Schelble, Basel
2003 Galerie Werner Bommer, Zürich
2001 Galerie für Zeitgenössische Kunst, die Halle, Langnau
2000 Galerie Werner Bommer, Zürich / Galerie Graf und Schelble, Basel
1999 The Ruskin School of Drawing, Oxford UK / Kunstmuseum Solothurn, Grafisches  Kabinett
1998 Stadthaus im Foyer, Uster / Galerie Popova, Sofia, Bulgarien
1997 Galerie «Z», Zug & Baar
1995 Forum Vebikus, Kulturzentrum Kammgarn, Schaffhausen / Galerie Lea Krausz, Jenins 
1994 Galerie im Riegelhaus, Hüttwilen
1993 Galerie P’art, Zürich
1992 Städtische Galerie Amtshimmel, Baden
1991 Stadtmuseum Überlackerhäusel, München / Galerie Susann Mäusli, Zürich
1989 Galerie Susann Mäusli, Zürich / Kulturzentrum BINZ39, Scuol / Galerie Rehbock, Stein am Rhein
1988 Galerie für Gegenwartskunst, Bonstetten
1986 Galerie Susann Mäusli, Zürich
1985 Galerie Rehbock, Stein am Rhein
1984 Stiftung BINZ39, Zürich
1983 Galerie für Gegenwartskunst, Bonstetten

 

Ausgewählte Gruppenausstellungen

2018 Kunstspinnerei, Uznach
2018 Kunst Schwyz, Siebnen
2017 Museum Haus Konstruktiv, Zürich
2016 Art Dock, Zürich
2014 Kunst Schwyz, Rothenturm
2012 Kunst Schwyz, Rothenturm
2011 Museum Haus Konstruktiv, Zürich
2010 Kunsthalle Luzern
2008 Seedamm Kulturzentrum, Pfäffikon / Kunstfrühling am See, Horgen
2007 Kunst im Rohbau, Küssnacht
2005 Stiftung BINZ39, Zürich / Helmhaus, Zürich / Galerie Michael Schneider, Bonn
2003 Kulturzentrum NAIRS, Scuol / Kunstpanorama, Luzern
1998 Kunsthaus, Langenthal
1997  Kunstmuseum, Chur
1996 Kunstmuseum Balchik, Bulgarien
1994 Galerie Bild Raum, Zürich
1993 Seedamm Kulturzentrum, Pfäffikon
1992 Künstlerclub «DIE MÖWE», Berlin
1991 Galerie Les  Contemporains, Brüssel
1990 Künstlerwerkstätten Lothringerstrasse, München
1989 Trudelhaus, Baden
1986 Mercer Union, Toronto / Strauhof, Zürich
1983 Stiftung BINZ39, Zürich / Bellvue, Kreuzlingen